Das Fach Philosophie am Köln-Kolleg
Philosophie wird als Fach im gesellschaftswissenschaftlichen Aufgabenfeld angeboten und kann mündliches oder schriftliches Abiturfach sein. Es wird in Grund- und Leistungskursen unterrichtet, bei ausreichendem Interesse der Studierenden werden auch Projektkurse zu bestimmten philosophischen Themen angeboten.
Was ist Philosophie?
„Sobald wir anfangen zu philosophieren, führen selbst die alltäglichsten Dinge zu Fragen, die man nur sehr unvollständig beantworten kann. Die Philosophie kann uns zwar nicht mit Sicherheit sagen, wie die richtigen Antworten auf die gestellten Fragen heißen, aber sie kann uns von der Tyrannei des Gewohnten befreien. Sie schlägt die etwas arrogante Gewissheit jener nieder, die sich niemals im Bereich des befreienden Zweifels aufgehalten haben, und sie hält unsere Fähigkeit erstaunlich wach, indem sie uns vertraute Dinge von uns nicht vertrauten Seiten zeigt“ (Bertrand Russel, 1872-1970)
In der Philosophie geht es weniger um Wissen, das man schwarz auf weiß nach Hause tragen kann, als vielmehr um das philosophische Staunen und Fragen. Im Philosophieunterricht stehen daher das gründliche Nachdenken und Selbst- Denken sowie der argumentative und begrifflich präzise Austausch im Unterrichtsgespräch im Mittelpunkt. Am Beginn stehen nicht philosophische Texte und Autoren, sondern Fragen und Probleme. Um mögliche Antworten auf diese philosophischen Fragen zu finden, werden dann klassische Antworten von Denkerinnen und Denkern aus den verschiedensten Epochen an Texten in ihrem Argumentationsgang erarbeitet, kontextualisiert und auf ihre Überzeugungskraft, Aktualität und Relevanz hin untersucht.
Was sind dies für Fragen und Probleme?
Man kann mit Immanuel Kant (1724-1804) die Philosophie in vier Hauptfragen aufteilen:
1. Was kann ich wissen ?
2. Was soll ich tun ?
3. Was darf ich hoffen ?
4. Was ist der Mensch ?
Zwar werden diese Fragen auch teilweise in anderen Fächern beantwortet, doch die Philosophie gibt sich mit den Ergebnissen nicht zufrieden und geht darüber hinaus. Etwas verständlicher wird das, wenn man sich die thematischen Schwerpunkte der Kurshalbjahre im Einzelnen genauer anschaut.
Einfühungsphase (1./2. Semester):
Einführung in die Philosophie:
Inhaltsfeld: Der Mensch als erkennendes und handelndes Wesen
Inhaltliche Schwerpunkte:
- Eigenart philosophischen Fragens und Denkens (z.B. Sokrates‘ Aporie, Platons Höhlengleichnis und/oder Aristoteles‘ thaumazein)
- Einführung in Grundpositionen der Erkenntnistheorie (Metaphysische Probleme als Herausforderung für die Vernunfterkenntnis): Gegenüberstellung rationalistischer und empiristischer Ansätze
- Einführung in das Leib-Seele-Problem (Metaphysische Probleme als Herausforderung für die Vernunfterkenntnis): Gegenüberstellung monistischer und dualistischer Ansätze
- Einführung in ethische Grundprobleme (Werte und Normen des Handelns im interkulturellen Kontext): Gegenüberstellung relativistischer und universalistischer Ansätze
Ein methodischer Schwerpunkt liegt auf der Erarbeitung von Texterschließungsmethoden und der sprachlich und begrifflich präzisen Darstellung und Einordnung (Vergleich, Beurteilung) von Argumentationsgängen.
Qualifikationsphase (3.-6. Semester)
Anthropologie:
Was macht den Menschen zum Menschen? Wie frei ist unser Wille? Was war zuerst da, der Mensch oder die Gesellschaft? Bin ich mein Körper?
Ethik (Moralphilosophie):
Welche Werte und Ziele sollten Menschen in ihrem Handeln verfolgen, um ein gutes und glückliches Leben zu leben? Wie werden diese Werte und Ziele begründet? Wo liegen die Grenzen des menschlichen Handelns? Welche Rolle spielen Freiheit und Verantwortung?
Staatsphilosophie:
Grundprobleme der Politik und Gesellschaft (Aufgabe des Staates, Verhältnis von Individuum und Gemeinschaft, Grundrechte, Staatsformen, Utopien, Gewalt, Gerechtigkeit).
Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie:
Grundlagen und Grenzen des menschlichen Erkennens (Was ist Wahrheit? Was ist Wirklichkeit? Gibt es sicheres Wissen? Wie funktioniert das Erkennen der Welt? Wie arbeitet die (Natur-)wissenschaft und (wie) kommt sie zu gesicherter Erkenntnis?).
In allen Halbjahren lassen sich auch Anknüpfungspunkte an nicht-obligatorische Teilgebiete finden: (z. B. Sprach-, Kunst-, Religions-, Naturphilosophie, Metaphysik oder Logik).
Schulinterner Lehrplan Philosophie: Thematische Festlegungen
Die folgende Zusammenstellung gibt eine kurze orientierende Übersicht über Unterrichtsvorhaben und thematische Schwerpunkte. Die im Unterricht eingeübten Sach- , Methoden- , Urteils- und Handlungskompetenzen sind im Kernlehrplan Philosophie für das Weiterbildungskolleg und im Schulinternen Lehrplan ausgewiesen, die Dauer und Reihenfolge der Unterrichtssequenzen sowie spezifische Schwerpunktsetzungen innerhalb der Unterrichtsvorhaben werden durch den unterrichtenden Fachlehrer festgesetzt.
Einführungsphase
1. Semester
Unterrichtsvorhaben 1: Philosophie – Was ist das eigentlich?
Einführung in philosophische Fragestellungen, Denkweisen und Disziplinen
Möglicher Autor: Kant
Unterrichtsvorhaben 2: Was kann ich wissen?
Metaphysische Probleme als Herausforderung für die Vernunfterkenntnis: Einführung in Grundpositionen der Erkenntnistheorie – Rationalistische und Empiristische Positionen im Vergleich
Mögliche Autoren: Naiver Realismus, Locke, Descartes
2. Semester
Unterrichtsvorhaben 3: Den Tod begreifen können? – Die Grenzen menschlicher Vernunfterkenntnis
Einführung in das Leib/Seele Problem: Gegenüberstellung monistischer und dualistischer Ansätze
Mögliche Autoren: Descartes, De La Mettrie
Unterrichtsvorhaben 4: Eine Ethik für alle Kulturen? – Der Anspruch moralischer Normen auf interkulturelle Geltung
Einführung in ethische Grundprobleme: Gegenüberstellung relativistischer und universalistischer Ansätze
Mögliche Autoren: Patzig, Feyerabend, Spaemann
Qualifikationsphase: Grundkurs
3. Semester
Unterrichtsvorhaben 1: Soll ich mein Handeln am Kriterium der Nützlichkeit orientieren? – Utilitaristische Positionen der Ethik
Nützlichkeit als ethisches Prinzip
Mögliche Autoren: Bentham, Mill
Unterrichtsvorhaben 2: Wie kann das Leben gelingen? Eudämonistische Auffassungen eines guten Lebens
Grundsätze gelingenden Lebens
Mögliche Autoren: Epikur, Diogenes, Aristipp, Aristoteles
Unterrichtsvorhabgen 3: Soll ich mein Handeln am Kriterium der Pflicht orientieren?- Die deontologische Position in der Ethik
Pflicht als ethisches Prinzip, der Mensch als freies und selbstbestimmtes Wesen
Mögliche Autoren: Kant
Unterrichtsvorhaben 4: Gibt es Verantwortung des Menschen für die Natur?- Ethische Grundsätze im Anwendungskontext der Ökologie
Umweltethik, Verantwortung in Fragen angewandter Ethik, Der Mensch als Natur- und Kulturwesen
Mögliche Autoren: Jonas, Schweitzer
Unterrichtsvorhaben 5: Ist der Mensch ein freies Wesen? Das Problem der Willensfreiheit und die existentialistische Auffassung des Menschen
Willens- und Handlungsfreiheit, Freiheit und Determination
Mögliche Autoren: Roth, Sartre
4. Semester
Unterrichtsvorhaben 6: Was macht den Menschen zum Menschen? – Auffassungen von Wesen des Menschen im Vergleich zum Tier
Natur und Kultur des Menschen
Mögliche Autoren: Gehlen, Scheler, Darwin
Unterrichtsvorhaben 7: Ist der Mensch mehr als Materie? – Das Leib-Seele-Problem im Licht der modernen Gehirnforschung
Dualistische und monistische Denkmodelle, Materialismus und Reduktionismus
Mögliche Autoren: Descartes, Roth, Nagel
Unterrichtsvorhaben 8: Welche Ordnung der Gemeinschaft ist gerecht? Ständestaat und Philosophenkönigtum als Staatsideal
Gemeinschaft als Prinzip von Staatsmodellen
Mögliche Autoren: Platon, Aristoteles, Morus
Unterrichtsvorhaben 9: Wie lässt sich eine staatliche Ordnung vom Primat des Individuums aus rechtfertigen?- Kontraktualistische Staatstheorien im Vergleich
Legitimation von Herrschaft durch einen Gesellschaftsvertrag
Mögliche Autoren: Hobbes, Locke, Rousseau
Unterrichtsvorhaben 10: Lassen sich die Ansprüche des Einzelnen auf politische Mitwirkung und gerechte Teilhabe in einer staatlichen Ordnung realisieren? – Moderne Konzepte von Demokratie und sozialer Gerechtigkeit auf dem Prüfstand
Demokratie, Mitbestimmung und soziale Gerechtigkeit
Mögliche Autoren: Arendt, Habermas, Rawls, Schumpeter
5. Semester
Unterrichtsvorhaben 11: Was leisten sinnliche Wahrnehmung und Verstandestätigkeit für die wissenschaftliche Erkenntnis? – Rationalistische und Empiristische Modelle im Vergleich
Erkenntnis und Geltungsanspruch der Wissenschaften: Rationalismus und Empirismus
Mögliche Autoren: Locke, Hume, Platon, Descartes
Unterrichtsvorhaben 12: Wie gelangen die Wissenschaften zur Erkenntnis – Anspruch und Verfahrensweisen der neuzeitlichen Naturwissenschaften
Wissenschaftstheorie, Anspruch der Naturwissenschaften auf Objektivität
Mögliche Autoren: Popper, Kuhn, Hume
6. Semester
Unterrichtsvorhaben zu den Inhaltsfeldern: Geltungsansprüche der Wissenschaften, Zusammenleben in Gesellschaft und Staat, Werte und Normen des Handelns, Das Selbstverständnis des Menschen
Fortführung und Vertiefung, Übung und Wiederholung an ausgesuchten Schwerpunkten der Unterrichtsvorhaben 1-12
Qualifikationsphase: Leistungskurs
3. Semester
Unterrichtsvorhaben 1: Soll ich mein Handeln am Kriterium der Nützlichkeit orientieren? – Utilitaristische Positionen der Ethik
Nützlichkeit als ethisches Prinzip
Mögliche Autoren: Bentham, Mill
Unterrichtsvorhaben 2: Wie kann das Leben gelingen? Eudämonistische Auffassungen eines guten Lebens
Grundsätze gelingenden Lebens
Mögliche Autoren: Epikur, Diogenes, Aristipp
Unterrichtsvorhabgen 3: Soll ich mein Handeln am Kriterium der Pflicht orientieren?- Die deontologische Position in der Ethik
Pflicht als ethisches Prinzip, der Mensch als freies und selbstbestimmtes Wesen
Mögliche Autoren: Kant
Unterschiedliche Grundlagen moralischer Orientierung: Gefühlsethik und Diskursethik
Mögliche Autoren: Schopenhauer, Hume, Habermas
Unterrichtsvorhaben 4: Gibt es Verantwortung des Menschen für die Natur?- Ethische Grundsätze im Anwendungskontexten: Fragen der Umwelt- und Medizinethik
Umweltethik, Verantwortung in Fragen angewandter Ethik, Der Mensch als Natur- und Kulturwesen
Mögliche Autoren: Jonas, Schweitzer, Spaemann, Merkel, Singer, Loew
Unterrichtsvorhaben 5: Ist der Mensch ein freies Wesen? Das Problem der Willensfreiheit und die existentialistische Auffassung des Menschen
Willens- und Handlungsfreiheit, Freiheit und Determination
Mögliche Autoren: Roth, Sartre, Bieri
4. Semester
Unterrichtsvorhaben 6: Was macht den Menschen zum Menschen? – Auffassungen von Wesen des Menschen im Vergleich zum Tier
Natur und Kultur des Menschen
Mögliche Autoren: Gehlen, Scheler, Darwin, Löwith
Unterrichtsvorhaben 7: Welche Ordnung der Gemeinschaft ist gerecht? Ständestaat und Philosophenkönigtum als Staatsideal
Gemeinschaft als Prinzip von Staatsmodellen
Mögliche Autoren: Platon, Aristoteles, Morus
Unterrichtsvorhaben 8: Wie lässt sich eine staatliche Ordnung vom Primat des Individuums aus rechtfertigen?- Kontraktualistische Staatstheorien im Vergleich
Legitimation von Herrschaft durch einen Gesellschaftsvertrag
Mögliche Autoren: Hobbes, Locke, Rousseau
Unterrichtsvorhaben 9: Lassen sich die Ansprüche des Einzelnen auf politische Mitwirkung und gerechte Teilhabe in einer staatlichen Ordnung realisieren? – Moderne Konzepte von Demokratie und sozialer Gerechtigkeit auf dem Prüfstand
Demokratie, Mitbestimmung und soziale Gerechtigkeit
Mögliche Autoren: Arendt, Habermas, Rawls
Unterrichtsvorhaben 10: Völkerbund?
Bedingungen einer dauerhaften Friedensordnung in einer globalisierten Welt
Möglicher Autor: Kant
5. Semester
Unterrichtsvorhaben 11: Ist der Mensch mehr als Materie? – Das Leib-Seele-Problem im Licht der modernen Gehirnforschung
Dualistische und monistische Denkmodelle, Materialismus und Reduktionismus
Das Menschenbild der Neurowissenschaften und der Forschungen zur künstlichen Intelligenz
Mögliche Autoren: Descartes, Roth, de la Mettrie, Dörner, Searle, Nagel
Unterrichtsvorhaben 12: Was leisten sinnliche Wahrnehmung und Verstandestätigkeit für die wissenschaftliche Erkenntnis? – Rationalistische und Empiristische Modelle im Vergleich (auch im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit)
Erkenntnis und Geltungsanspruch der Wissenschaften: Rationalismus und Empirismus
Mögliche Autoren: Locke, Hume, Platon, Descartes, Kant
Unterrichtsvorhaben 13: Wie gelangen die Wissenschaften zur Erkenntnis – Anspruch und Verfahrensweisen der neuzeitlichen Naturwissenschaften
Wissenschaftstheorie, Anspruch der Naturwissenschaften auf Objektivität
Mögliche Autoren: Popper, Kuhn
Unterrichtsvorhaben 14: Hermeneutik- Inwieweit kann Verstehen die Grenzen des Subjektes transzendieren?
Modelle der Erkenntnis in den Geisteswissenschaften
Mögliche Autoren: Schleiermacher, Dilthey, Gadamer
6. Semester
Unterrichtsvorhaben zu den Inhaltsfeldern: Geltungsansprüche der Wissenschaften, Zusammenleben in Gesellschaft und Staat, Werte und Normen des Handelns, Das Selbstverständnis des Menschen
Fortführung und Vertiefung, Übung und Wiederholung an ausgesuchten Schwerpunkten der Unterrichtsvorhaben 1-14